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Tür im Sand

Tür im Sand

Luca Salieri hat Glück. Er entkommt aus der Gefangenschaft im afghanischen Kriegsgebiet, in dem er für "Ärzte ohne Grenzen" im Einsatz war - und der Folter der Taliban. Zu Hause in Italien will er sich erholen - und Jack finden, den Soldaten, an den er sein Herz verloren hat. Das gelingt ihm auch, aber das Wiedersehen verläuft völlig anders, als Luca sich das jemals vorgestellt hätte. Seine Zwillingsschwester und Jack erwarten ein gemeinsames Kind!

 

 


Begeisterte Leserstimmen:

»Gehört verfilmt! Kinoreif!«

»Sehr emotional und mitreißend.«

»Das beste Buch, das ich seit Langem gelesen habe.«

»"Tür im Sand" ist eine wundervolle Geschichte über den Krieg, die Liebe,
Familie, Stärke, Ohmacht, Verluste, Akzeptanz und den Mund, endlich für sich selbst einzustehen.«

»Ein Buch voller Emotionen, Entbehrungen und Leid. Die Protagonisten sind real und lebendig dargestellt und
haben mich auf eine Achterbahn der Gefühle katapultiert. Der Schreibstil ist spannend und flüssig zu lesen.
Ein hervorragendes Buch, das ich hiermit empfehle.«

»Das neue Buch von Nicole Stranzl ist so unsagbar gut geschrieben.«

»Das emotional aufwühlendste Buch, das ich seit Langem gelesen habe.«

 

 

Leseprobe:

Ich habe diesen Traum, Sofia. Immer wieder. Wir sind fünf oder sechs Jahre alt. Die Sonne sticht heiß auf uns herab und verbrennt unsere kleinen Arme. Doch das bekommen wir nicht mit, denn wir sind mit dem Sand beschäftigt. Er ist so heiß unter unseren Füßen, aber auch das macht uns nichts aus. Ich bin total konzentriert auf meine Sandburg, die gleich fertig ist. Stolz schaue ich auf sie herab und dekoriere sie mit Muscheln, genau wie Papa beim letzten Mal. Ein breites Grinsen liegt auf meinen Lippen, als ich einen Schatten sehe. Und dann: patsch.

Einfach so hast du meine Sandburg zerstört. Zuerst sehe ich dich ungläubig an. Du lachst. Lachst mich aus. Ich will nach der Schaufel greifen, um zu retten, was noch zu retten ist, doch wieder bist du schneller und ziehst sie mir weg. Dann springst du auf und läufst davon. Und ich sitze hier vor einem Scherbenhaufen und heule mir die Seele aus dem Leib.

Genau wie in dem Traum fühlt es sich auch heute an. Nur hundert Mal schlimmer. Ich bin zu alt, um zu weinen, und es ist viel mehr kaputt als eine dämliche Sandburg. Du hast mir meinen Lieblingsmenschen genommen. Und das Schlimmste daran ist: Du weißt es noch nicht mal.

Leseprobe 2:

Seit Stunden stehen wir im OP; es ist ein ruhiger Tag. Plötzlich bricht die Hölle los.
Mina erzählt mir gerade von ihrem Neffen, als wir draußen Gebrüll hören. Gleich darauf folgen Schüsse. Wie erstarrt halte ich inne, meine Hände noch in meiner kleinen Patientin, einem siebenjährigen Mädchen mit Blinddarmdurchbruch. Kein schwieriger Eingriff.
»Was ist das?«, frage ich Mina.
»Taliban.« Der Anästhesist flüstert.
»Nein!« Nervös lacht Mina, doch das Rattern der Maschinenpistolen beweist das Gegenteil.
»Wir werden angegriffen.« Er klingt panisch.
Es ist absurd. Völlig absurd. Ich wusste um das Risiko, aber niemals hätte ich es für möglich gehalten, tatsächlich eines Tages unter Beschuss zu stehen. Die Situation ist irreal. Da draußen kann doch nicht ernsthaft jemand schießen. Nicht in einem Krankenhaus ...
Es wäre nicht das erste Mal. Humanitäre Einrichtungen werden immer wieder angegriffen. Verzweifelt versuche ich mich an die Ausbildung zu erinnen. Was ist in so einem Fall zu tun? Was sagt das Protokoll? Doch mein Hirn ist wie leergefegt.
Schweißperlen tropfen von meiner Stirn. Ich bin nicht der Einzige, der Angst hat. Alle Augenpaare starren panisch zur Tür. Der Oberlippenbart des Anästhesisten glänzt schweißnass.
»Wir müssen weitermachen.« Ich versuche meine Stimme so ruhig wie möglich zu halten. Leider gebe ich offensichtlich bloß das Startsignal für alle Kollegen, wild durcheinander zu reden. Sie sprechen Farsi; ich verstehe kein Wort.
»Ich brauche eure Hilfe!«, sage ich langsam und eindringlich auf Englisch. »Das kleine Mädchen ...«
»Wird sowieso sterben«, sagt eine OP-Schwester energisch. »Du hast sie noch nie gesehen, du weißt nicht, was sie anrichten.«
»Wir wissen noch gar nichts.« Ich versuche die anderen zu beruhigen - eine schwierige Aufgabe. Von draußen dringen Schreie in den Operationssaal und irgendetwas zerbricht.
»Flieh! Flieh! Jetzt sofort«, schreit der animalische Fluchtreflex, der in uns allen verankert ist. Doch ich habe einen Eid geschworen. Ich werde meine kleine Patientin nicht im Stich lassen.
»Bitte!«, sagte ich eindringlich. »Wir sind gleich fertig. Allein kann ich nicht weitermachen. Ich brauche eure Hilfe. Verbarrikadiert die Tür! Hier drin sind wir sicherer als draußen.« Das war wohl das entscheidende Argument. Die OP-Schwester sieht sich hektisch nach einer Möglichkeit um, die Tür zu blockieren. Der Anästhesist eilt ihr zur Hilfe. Mein Herz klopft heftig und laut. Angespannt versuche ich mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, doch meine Gedanken wandern zu Jack. Für ihn sind solche Situationen Alltag. So sehr ich Waffen verabscheue, in diesem Moment wünschte ich, wir hätten ein Gewehr zur Verteidigung hier.
»Luca!« Es ist Mina, die mich anspricht, weil ich noch immer reglos dastehe. Entschlossen will ich mich meiner Aufgabe widmen, als die Tür aufgerissen wird. Beinahe fällt mir das Operationsbesteck aus der Hand. Ich blicke in dunkle, hasserfüllte Augen. Ein junger Mann steht vor mir, jünger als ich, vielleicht Ende zwanzig. Der Vollbart lässt jeden älter wirken. Der Taliban trägt eine dunkle Kufiya, ein von Männern getragenes Kopftuch. In seinen Händen hält er eine riesige Kalaschnikow.
Mir bricht kalter Schweiß aus. Jeden Moment wird er die Maschinenpistole heben und uns töten. Doch er schießt nicht, sondern brüllt etwas in Farsi. Zwei weitere Männer betreten den OP-Saal. In ihrer Mitte schleifen sie einen verletzten Kumpan mit.
Wieder sagt der bewaffnete Taliban etwas. Ich starre ihn nur an. Er wiederholt seine Worte, wird lauter.
»Was sagt er?«, flüstere ich.
»Du sollst ihm helfen.« Minas Stimme ist leise, ich kann sie kaum verstehen. 
Der Afghane kommt auf mich zu. Der Lauf des Gewehres zeigt in mein Gesicht.
»Zuerst muss ich das kleine Mädchen fertig operieren«, sage ich langam.
»Bist du wahnsinnig?«, schreit mich der Anästhesist an. »Tu, was sie sagen!«
»Sie wird sterben, wenn ich ...«
Er macht eine schnelle Bewegung auf die Kleine zu. Es ist seine letzte Handlung auf dieser Welt. Der Taliban hebt die Waffe und schießt. Alles geht so schnell. Ich begreife gar nicht richtig, was geschieht. Reglos liegt mein Kollege auf dem Boden, eine Blutlache bildet sich um ihn herum. Geschockt beobachte ich, wie das Blut auf unsere Schuhe zuläuft. Wieder herrscht mich der Taliban an. Endlich löst sich meine Starre. Sachte hebe ich meine kleine Patientin vom OP-Tisch und lege sie auf den Boden, mit genügend Abstand zu meinem toten Kollegen.
Schon hieven die Attentäter ihren Freund auf meinen Tisch. Er blutet stark. Sieht nach einer Schusswunde im Bauchbereich aus. Sein Gesicht ist schneeweiß. Ich hebe die Hand, um seinen Puls zu fühlen, da bohrt sich der Lauf der Maschinenpistole in meinem Schläfe. Der Talibatn schiebt herrisch sein Kinn in meine Richtung vor und sagt in gebrochenem Englisch: »Er stirbt. Du stirbst.«